Beim Arzt

Verdauungsprobleme haben etwas Anrüchiges an sich. Je weiter das Gegessene im Körper wandert, desto weniger gern redet man darüber. Auch nicht mit dem Arzt. Doch klare Worte sind für eine Diagnose so wichtig wie Laborwerte oder Ultraschallbilder.

Die Verdauung ist ein natürlicher Vorgang und das, was dabei hinten rauskommt, auch. Dass wir Ausscheidungen als unappetitlich empfinden und Gespräche über Verdauungsprobleme als peinlich, ist Erziehungssache. Martin Luther wird der Satz zugeschrieben: „Warum rülpst und furzt ihr nicht? Hat es euch nicht geschmeckt?" Heute müsste er wohl „Aufstoßen" sagen und von „abgehenden Winden" sprechen. „Sch..." sagt und schreibt man nicht, das heißt heutzutage „Stuhl".

Egal ob Sch... oder Stuhl, der Arzt muss wissen, ob er gelbbraun oder schwarz ist, schleimig daherkommt oder in harten Kötteln. Ob er nach faulen Eiern riecht, im After brennt und vieles mehr. Wer wegen Verdauungsproblemen zum Arzt geht, hat meist deutliche, oft schon länger anhaltende Beschwerden, und die sollte er möglichst genau schildern können. Dazu gehören auch die Umstände, unter denen die Beschwerden auftreten, etwa nach dem Genuss bestimmter Gerichte oder in stressigen Situationen. Es ist deshalb empfehlenswert, sich vorher schon ein paar Gedanken zu machen und eventuell zu notieren, damit man im Gespräch nichts vergisst.

Ein offenes Gespräch mit dem Arzt ist wichtig

Weil viele Darmbeschwerden psychische Auslöser haben können, fragt der Arzt auch nach dem sozialen und familiären Umfeld, nach Beziehungsproblemen oder Ärger bei der Arbeit. Nicht jeder schüttet dem Doktor gern sein Herz aus. Doch gerade bei Verdauungsproblemen geht es ohne eine solche Offenheit nicht.

VerdauungsproblemeDem Gespräch folgt eine ausführliche körperliche Untersuchung des gesamten Verdauungssystems. Dazu gehört die Prüfung von Mundhöhle und Rachen ebenso wie das Abtasten von Oberbauch und Unterleib. Weil Herzoder Lungenprobleme in den Bauchraum ausstrahlen können, wird der Arzt auch diese Organe untersuchen. Weitere Hinweise liefern dem Arzt die Blut-, Urin- und Stuhluntersuchungen im Labor. Das Blutbild zeigt an, ob im Körper Entzündungen vorliegen oder ob ein Verdacht auf kleinere innere Blutungen besteht. Die Urinuntersuchung gibt Aufschluss über mögliche Erkrankungen von Nieren oder Leber. Stuhlproben untersucht das Labor meist auf sogenanntes verborgenes oder „okkultes" Blut. Gemeint ist damit Blut, das für das Auge nicht sichtbar ist. Solche Blutreste sind Hinweise auf Geschwüre oder Tumore im Darm.

Die Analyse der Bakterienflora im Stuhl enttarnt Krankheitserreger wie Salmonellen. Sie gibt aber auch Hinweise darauf, dass bestimmte Abläufe gestört sind, zum Beispiel wenn sich das Bakteriengleichgewicht zugunsten von Fäulnisbakterien verschoben hat. Sind zu wenig typische Enzyme der Bauchspeicheldrüse wie Pankreas-Elastase 1 vorhanden, deutet das auf eine Schwäche der Bauchspeicheldrüse hin. Dies gilt auch für einen erhöhten Fettgehalt im Stuhl. Ob Hefepilze (Candida albicans) im Stuhl krankheitsrelevant sind, ist umstritten.

Aufgrund der geschilderten Symptome und der ersten medizinischen Ergebnisse wird der Arzt sich für weitere Untersuchungen entscheiden, mit denen sich einzelne Krankheiten erkennen oder ausschließen lassen. Besitzt der Hausarzt die erforderlichen Geräte und die Fachkenntnis nicht selbst, überweist er den Patienten an einen Internisten oder gleich an einen Facharzt für Magen-Darm-Erkrankungen, den Gastroenterologen.

Die nun folgenden Untersuchungen zeigen vor allem, ob körperliche Erkrankungen vorliegen, ob die Verdauungsorgane entzündet sind oder ob sich Geschwüre gebildet haben. Nur in wenigen Fällen, etwa bei bestimmten Atemtests, weisen diese Untersuchungen auf genau definierbare Funktionsstörungen hin. Oft ist das Ergebnis all dieser Untersuchungen negativ, der Arzt findet keine körperliche Erkrankung. Dennoch ist die Verdauung spürbar gestört. Dann erst - wenn alle anderen Ursachen ausgeschlossen sind - sprechen die Mediziner vom Reizdarm oder vom Reizmagen, wenn dieser betroffen ist.

Besser nicht schummeln

Wer beim Arzt einen Fragebogen ausfüllt oder im Gespräch antwortet, nimmt es mit der Wahrheit nicht immer genau. Zum Beispiel, erfahrungsmäßig nur die wenigsten Patienten zugeben, wenn sie mehrmals die Woche oder sogar täglich Alkohol trinken. Manche Menschen nehmen auch weit häufiger Schmerzmittel ein, als sie angeben. Eine typische menschliche Schwäche, doch sie erschwert die Arbeit. Weiß der Arzt von Alkohol, Schmerzmitteln oder illegalen Drogen, erspart das dem Patienten womöglich manche Untersuchung. Es gibt Schmerzmittel, die können bei Dauergebrauch Symptome auslösen, die denen von Morbus Crohn ähneln. Wenn der Arzt nicht weiß, dass der Patient diese Medikamente regelmäßig einnimmt, kann er leicht auf eine falsche Fährte kommen.

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